Barrierearm ohne Umbau -Teil 1: das Badezimmer

Wenn ein Krankheitsfall eintritt, aus dem womöglich noch eine Behinderung resultiert, stellt sich schnell die Frage nach der Wohnraumanpassung. Aber gibt es auch Möglichkeiten, mehr Barrierefreiheit zu erreichen, ohne gleich eine große Baumaßnahme in Angriff zu nehmen? Ja, die gibt es! Lesen Sie im ersten Teil der Serie Tipps, das Badezimmer mit wenig Aufwand barrierearm umzugestalten!

Das Bad ist zu klein, das Bett zu niedrig, von den Stufen vor der Haustür ganz zu schweigen. Ein barrierefreier Umbau steht an. Doch es gibt verschiedene Gründe, von einem Umbau abzusehen. Vielleicht steht sowieso ein Umzug bevor und Sie möchten in die alte Wohnung nicht mehr allzu viel investieren. Vielleicht möchten Sie einen Umbau von längerer Hand planen und nicht „übers Knie brechen“ und benötigen daher schnelle Sofort-Lösungen für den Übergang. Vielleicht fehlt auch einfach das nötige „Kleingeld“.

 

Sofern Sie eine Pflegestufe haben, können Sie bei Ihrer Pflegeversicherung einen Zuschuss über 4.000€ für einen Umbau beantragen. Bei einer Anpassung der gesamten Wohnung sind 4.000€ jedoch schnell verbraucht. Doch was könnte sinnvoll sein und was kann man mit geringen Mitteln erreichen?

 

Zugegeben: wirkliche Barrierefreiheit erlangt man nur durch individuelle Planung und Umbau. Aber es gibt einige Möglichkeiten, mit denen Sie Ihre Wohnung mit wenig Aufwand barrierearm anpassen können. Dazu möchte ich Ihnen in diesem und den folgenden Artikeln ein paar Ideen geben.

Das Badezimmer - allgemeine Hinweise

Bild: enges Badezimmer als Beispiel
Das Bad als Problemzone

Das Badezimmer ist eine klassische „Problemzone“. Meistens ist das Bad zu eng, die Dusche hat eine zu hohen Einstieg und das WC ist zu niedrig.

Doch mit einfachen Möglichkeiten und entsprechenden Hilfsmitteln kann man hier eine Menge kompensieren und das Bad barrierearm gestalten.

Wenn Ihr Bad zu eng ist, überlegen Sie, ob Sie vielleicht Komponenten wie die Waschmaschine auslagern können.

Fehlt Ihnen Bewegungsfläche, z.B. zum Umsteigen vom Rollstuhl auf die Toilette, könnten Sie als Notlösung auch bereits auf dem Flur in den Toilettenstuhl umsteigen (Bremsen anziehen!). Manche Toilettenstühle kann man selbständig fahren wie einen Rollstuhl. Wenn Sie die Brille des WC´s hochklappen, können Sie den Stuhl (ohne Eimer und Kissen) einfach über das WC rollen.

Achtung, im Bad herrscht oft Rutschgefahr! Nasszonen im Bad kann man günstig mit Anti-Rutschfolien bekleben. Diese Folien sind – wenn sie nach Herstelleranleitung angebracht wurden - eine bessere Alternative als die altbekannten Duschmatten mit Saugnäpfen. Letztere können sich evtl. lösen, wodurch die Matte wegrutschen kann oder durch lose Ecken Stolperfallen bildet.

Eine gute Beleuchtung ist wichtig! Vielleicht könnte es sinnvoll sein, einen Bewegungsmelder für das Licht anbringen zu lassen, um z.B. die Hände frei zu haben für die Gehhilfe.

Haltegriffe

Bild: HEWI Stützklappgriff
Bild: HEWI Stützklappgriff der Serie 801 mit Hilfsmittelnummer

Haltegriffe gibt es in verschiedenen Varianten. Es gibt spezielle Griffe für die Badewanne oder die Dusche, verschiedene Griffe für das WC und Waschbecken. Welche Haltegriffe für Sie sinnvoll sind und ob sie von der Krankenkasse übernommen werden, müssen Sie im Einzelfall erfragen.

Ein Hinweis zur Sicherheit: Haltegriffe mit Saugnäpfen werden z.B. für den mobilen Gebrauch angepriesen. In der Regel sollte man den Gebrauch auch darauf beschränken, da bei falscher Handhabung ein großes Sicherheitsrisiko bestehen kann. Sollten Sie die Saugnapfhaltegriffe verwenden wollen, achten Sie bitte auf folgende Punkte: setzen Sie die Saugnäpfe unbedingt auf die ganzen Fliesen und nicht über die Fugen, da die Saugfunktion dort nicht ausreichend gegeben ist. Weiterhin sollten Sie vor Gebrauch überprüfen, ob sich die Saugnäpfe evtl. gelöst haben könnten, da sie nicht für den Dauergebrauch konzipiert wurden. Am besten bringen Sie sie vor jedem Gebrauch neu an.

Das Waschbecken

Bild: HEWI Waschtisch mit integrierten Haltegriffen
Bild: HEWI

Eine schöne Lösung kann ein Waschtisch mit integrierten Haltegriffen sein. Das auf dem Bild gezeigte Modell ist zwar nicht ganz kostengünstig, aber man hat die Haltegriffe gespart. Außerdem bietet es viel Ablagefläche. Gerade bei einer Halbseitenlähmung ist seitliche Ablagefläche sinnvoll, um den betroffenen Arm sicher auf dem Waschbeckenrand ablegen zu können und das Schultergelenk zu entlasten. (bitte achten Sie auf eine gute Unterstützung des Ellenbogengelenks. Von Vorteil ist es, wenn der Arm immer im Sichtfeld liegt)

Bild: Einhandhebelmischer

Nicht nur für Hemiplegiker, auch z.B. bei Arthritis ist ein Einhandhebelmischer toll. Der Griff ist groß und einfach anzufassen, das Wasser kann mit wenig Kraftaufwand auf die richtige Temperatur gebracht und aufgedreht werden.

Eventuell ist es sinnvoll, den Spiegel niedriger zu hängen, wenn man am Waschbecken sitzen möchte oder muß.

Diverse Varianten von Stühlen und Hockern für das Badezimmer, z.B. zum Sitzen vor dem Waschbecken, bezahlt ebenfalls die Krankenkasse.

Die Dusche

Bild: Duschrollsitz der Hergert GmbH
Duschrollsitz der Hergert GmbH

Die Dusche ist tatsächlich etwas problematisch. Hier wäre es vielleicht sinnvoll, einen Teil des Zuschusses in einen bodengleichen Umbau der Dusche zu investieren. Eine barrierearme boidengleiche Dusche schafft außerdem mehr nutzbare Fläche im Badezimmer, sofern die Duschtüren wegklappbar sind oder einfach nur ein Vorhang genutzt wird. Wenn dieses nicht in Frage kommt (evtl. auch aus technischen Gründen), gäbe es die Möglichkeit, einen Duschrollsitz in die Dusche einzubauen. Dieser kostet keine 1.000,-€. Leider wird der Duschrollsitz nicht über die Krankenkasse abgedeckt, da er keine Hilfsmittelnummer hat. Jedoch kann er von der Pflegekasse zu Lasten des Zuschusses übernommen werden.

Sinnvoll (vor allem bei Sensibilitätsstörungen oder kognitiven Defiziten) kann auch die Einrichtung einer Thermostat-Armatur sein, die durch eine vorgewählte Wassertemperatur vor Verbrennungen schützt. Denken Sie aber bitte daran, wöchentlich das Thermostat abzustellen und das Wasser für mindestens 3 Minuten mit wenigstens 70°C durchlaufen zu lassen, um der Legionellengefahr vorzubeugen!

Die Badewanne

Für die Badewanne gibt es eine Reihe von Hilfsmitteln, die über eine Hilfsmittelnummer verfügen. Sie können Ihre Badewanne z.B. mit einem Badewannenlifter ausstatten oder einem Badebrett. Der Einstieg in die Wanne wird erleichtert, indem Sie sich seitlich auf das Brett oder den Lifter setzen und die Beine hineinschwingen. Bitte denken Sie vor der Nutzung des Lifters daran, den Ladezustand des Akkus zu überprüfen!

Das WC

Bild: Spannring Dusch-WC
Bild: Spannring Dusch-WC mit Hilfsmittelnummer

Ebenfalls über eine Hilfsmittelnummer verfügt die Toilettensitzerhöhung. Diese gibt es in unterschiedlichen Ausführungen (Höhe, Armlehnen ja/ nein) und erleichtert das Aufstehen von der Toilette. Für die Hygiene kann ein Dusch-WC (s. Bild) sorgen, welches die Intimpflege nach dem Toilettengang übernimmt.

Achtung: hier sollten Sie nicht sparen!

In der DIN 18040 ist vorgschrieben, dass die Badezimmertür nach außen geöffnet werden muss.

Das macht auch Sinn: sollte im Bad jemand stürzen und unglücklich vor der Badezimmertür liegen, kann niemand zu Hilfe kommen, wenn die Tür nach innen aufgeht! Denken Sie also bitte darüber nach, die Tür entsprechend anzubringen!

Hier habe ich Ihnen eine Checkliste der Tipps zum Thema "Barrierearm ohne Umbau, das Badezimmer" zusammengestellt. Diese Liste kann auch zu Ihrer persönlichen Kostenkalkulation dienen.

Checkliste Bad
Checkliste Bad.pdf
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Da ich Ihre persönliche Situation nicht kenne, kann dieser Artikel nur meine Ideen und Hinweise weitergeben.

Eine spezielle Wohnraumanpassung sollte auf Sie und Ihr Wohnumfeld abgestimmt werden.

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